"Erinnerungen"

Chronik einer Familie –
entdeckt in einer Kiste

Das Haus wurde nach dem Krieg erbaut. Mit der Gründung der Bundesrepublik 1949 wurde es fertig.
Die Großmutter hat alles nach und nach in der Kiste in der hintersten Ecke auf dem Dachboden verstaut.
Gerne hat sie auch immer wieder Geschichten dazu erzählt.
Mit ihrem Tod ist die Kiste und ihre Geschichten in Vergessenheit geraten.
Erst als das Haus dann vor ein paar Jahren leer geräumt wurde, tauchte die Kiste unserer Kindheit mit ihren Geschichten wieder auf.
Die Großeltern lernten sich kennen, nachdem der Großvater 1920 aus dem Lazarett entlassen worden war und mit seinem Holzbein durch Köln humpelte.
Kurze Zeit später heirateten sie und eröffneten ein Zigarrenladen in der Kölner Südstadt.
Die Großmutter schwärmte von den gemeinsamen Ausflügen mit Freunden ins Siebengebirge. Die Attraktion war der Ritt auf dem Esel zum Drachenfels.
Mein Vater Franz wurde Anfang 1928 in Köln am Eigenstein geboren.
Mittlerweile war die Familie in die Krefelder Straße umgezogen und meine Großmutter nutzte ihre Zeit um auf den Kölner Ringen spazieren zu gehen.
Die Ausflüge zum Drachenfels sind geblieben. Solange meine Großmutter lebte, fuhr sie auch mit den „Pänz“ immer gerne mit dem Dampfer ins Siebengebirge.
Schon Ende der 20erJahre hatte mein Großvater ein Auto mit einer interessanten Kühlerfigur.
Der Teddy ist mehr als ein Familienerbstück. Als Franz ein kleiner Junge war, hat er ihm schon seine Sorgen anvertraut. Dann überstand der Teddy die Nazizeit und den Krieg.
Danach hat er auch die Enkelgeneration noch getröstet.
Der Teddy ist mehr als ein Familienerbstück. Als Franz ein kleiner Junge war, hat er ihm schon seine Sorgen anvertraut. Dann überstand der Teddy die Nazizeit und den Krieg.
Danach hat er auch die Enkelgeneration noch getröstet.
Franz mochte die strenge Zucht in der Volksschule nicht. Für ihn war es eine Erinnerung, über die er nie gerne sprach.
Anschließend wechselte er dann auf das Hansa-Gymnasium auf dem Ring. Hatte aber Pech, dass er noch 1945 eingezogen wurde. Er desertierte zwar, konnte aber sein Abitur nicht mehr machen. Sein Traum zu studieren war geplatzt.
Anschließend wechselte er dann auf das Hansa-Gymnasium auf dem Ring. Hatte aber Pech, dass er noch 1945 eingezogen wurde. Er desertierte zwar, konnte aber sein Abitur nicht mehr machen. Sein Traum zu studieren war geplatzt.
Nach dem Ende des Krieges wurde wieder geträumt und geplant.
Meine Großeltern begannen mit dem Bau ihres Hauses. Der Bau wurde von der britischen Verwaltung unter der Bedingung genehmigt, dass sie alles selber machen und kein zusätzliches Baumaterial kaufen durften.
Mit den Steinen aus dem zerstörten Köln wurde das Haus gebaut. Fertig gestellt wurde es 1949 gleichzeitig mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland.
Mit den Steinen aus dem zerstörten Köln wurde das Haus gebaut. Fertig gestellt wurde es 1949 gleichzeitig mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland.
Für Franz begann die verspätete Zeit seiner Jugend. Er genoss diese Zeit und war ganz begeistert von den Radtouren, die sie unternahmen.
Franz beginnt im örtlichen Tennisverein und genießt das Leben in der neuen Bundesrepublik.
Franz beginnt im örtlichen Tennisverein und genießt das Leben in der neuen Bundesrepublik.
1949 findet auch der erste Rosenmontagszug wieder statt. Durch die Ruinen von Köln ging der Zug unter dem Mott "Mer sin widder do - un dun, wat mer künne!"
Und es wurde auch wieder gefeiert. Franz begann seine Lehre als Sparkassenangestellter. Seine Ausbilderin Hilde wurde später seine Ehefrau.
Und es wurde auch wieder gefeiert. Franz begann seine Lehre als Sparkassenangestellter. Seine Ausbilderin Hilde wurde später seine Ehefrau.
Mitte der 50er Jahre heirateten die beiden.
1958 beginnt die Geschichte der Dritten Generation. „Wohlstand für alle“ hieß es schon vorher in der ganzen Republik. Davon kam in der Familie noch nicht so viel an. Sie bewohnten das Haus weiter zusammen mit den Großeltern und das Kind trug die alten Leibchen des Vaters auf.
1958 beginnt die Geschichte der Dritten Generation. „Wohlstand für alle“ hieß es schon vorher in der ganzen Republik. Davon kam in der Familie noch nicht so viel an. Sie bewohnten das Haus weiter zusammen mit den Großeltern und das Kind trug die alten Leibchen des Vaters auf.
Woher dieser Kinderwagen gekommen ist, daran kann sich niemand erinnern. Sicher ist nur, er wurde nicht neu gekauft, sondern kam irgendwoher und ging irgendwohin.
Woher dieser Kinderwagen gekommen ist, daran kann sich niemand erinnern. Sicher ist nur, er wurde nicht neu gekauft, sondern kam irgendwoher und ging irgendwohin.
Tatsächlich war der Elefant ein Geschenk nur für den Sohn. Noch musste er ihn mit niemandem teilen und auch nicht an die Geschwister weitergeben.
Tatsächlich war der Elefant ein Geschenk nur für den Sohn. Noch musste er ihn mit niemandem teilen und auch nicht an die Geschwister weitergeben.
Er kennt die ganze Familie über drei Generationen – weiß einfach alles über jeden. Aber er schweigt. Der Familienbär kann wahrscheinlich unsere Geschichte besser erzählen als irgendjemand von uns.
Das Holzpferd war auch eins der Erbstücke, die schon seit langer Zeit in der Familie waren.
Heute kann sich niemand aus der Familie mehr daran erinnern, woher das ganze Holzspielzeug kam.
Murmeln in allen Variationen: die einfachen, die doppelten und die unschlagbaren aus Metall.
Geschicklichkeit wurde zum Leidwesen der Großmutter im langen Wohnungsflur geübt.
Salat und Gemüse kommen aus dem Garten. Messer, Durchschlag und Holzbrett sind noch von der Urgroßmutter.
In der alten Milchkanne wurde die Milch alle zwei Tage frisch vom Bauern geholt.
Brot wird noch selber im Keller gebacken. Damit alle Scheiben gleich werden, gibt es eine Brotschneidemaschine.
Ende der 60er Jahre tauchten dann die Mainzelmännchen im Leben der Kinder auf. Es gab einen Fernseher, schwarzweiß und in einem Schrank versteckt.
Ende der 60er Jahre tauchten dann die Mainzelmännchen im Leben der Kinder auf. Es gab einen Fernseher, schwarzweiß und in einem Schrank versteckt.
Auf dem kalten Buffet tauchte der Käsewürfel auf. Bei allen Familienfeiern gehörte er dazu.
Für die Kinder gab es dann auf einmal Fritten, die sie jahrelang nicht essen durften.
Jetzt wurde das Haus verkauft und die Kiste und das Haus sind Geschichte.
Mariette Junk c/o WARENFORM GbR
Schierker Str. 24
12051 Berlin
mariette( )warenform.net
Idee, Fotos, Text und Gestaltung: Mariette Junk
Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes